Hörgeschichten vom Ochsenweg
Episode 14 Neumünster
Intro: Begleitet das Vater-Tochter-Duo Tjark und Freya auf ihrer Tour entlang des Radfernweges Ochsenweg quer durch Schleswig-Holstein. Die beiden geben euch viele Einblicke zu Land und Leuten, Hintergrundinformationen zur Geschichte und Wissenswertes zu Flora und Fauna. Und ganz nebenbei auch zu ihrer eigenen Familiengeschichte, was nicht immer so ganz einfach ist, denn bei den beiden prallen ihre unterschiedlichen Charaktere aufeinander.
Erzähler: Geschichtsträchtiges Neumünster. In Neumünster wurde in der Vergangenheit die Zukunft geschrieben. Es gilt als wichtiger Verkehrsknotenpunkt und Handelsplatz für die frühe Tuchindustrie und mittelalterliche Fuhrunternehmen. Ob die erste Eisenbahn oder die erste sogenannte Kunststraße Schleswig-Holsteins: Alle Wege führten durch Neumünster. Geschichte zum Anfassen und interessante Architektur erwartet euch auf dieser Etappe. Begleitet Freya und Tjark auf einer spannenden Fahrradtour durch Neumünster – auf der Ostroute des Ochsenwegs.
Tjark: „Moin Freya. Heute führt uns der Ochsenweg wieder mal in eine Stadt. Da biste doch so gern.“
Freya: „Moin Vadder. Wenn Du meinst, dass ich gegen ein bisschen Kultur nichts einzuwenden habe, dann ja, ich freue mich auf Neumünster.“
Tjark: „Dann hör mal zu. In Neumünster wurde Geschichte geschrieben – ein Handelsumschlagsplatz für Tuch und Ochsen seit dem 17. Jahrhundert und Verkehrsknotenpunkt, wie er im Geschichtsbuch steht. Die erste Eisenbahn Schleswig-Holsteins düste durch Neumünster. 1844. Auf Ihrer Route Kiel – Altona. Im Kulturlokschuppen in Neumünster ist sogar eine alte dänische Dampflok ausgestellt. Ich habe mich extra für dich informiert.“
Anmerkung des Erzählers: Die Dampflok wurde zwar erst 1949 gebaut, sieht aber wirklich sehr urtümlich aus. Bis vor ein paar Jahren zog sie sogar noch Züge der Angelner Dampfeisenbahn, einer Museumsbahn, die zwischen Kappeln und Süderbrarup verkehrt.
Freya: „Hier finden sich überall Spuren der Vergangenheit. Wie die Vicelinkirche. Die schauen wir uns auch an. Vor der Kirche stand hier ein Kloster, welches vom Bremer Mönch und Missionar Vicelin gegründet wurde. Und das trug den Namen „Novum Monasterium“.
Tjark {unterbricht}: Novum Monasterium? ... Novum ... neu ... {nachdenkend} ... daher stammt also der Name Neumünster.
Freya: „Ah genau, schlauer Herr!“ {schmunzelnd}
Tjark: „Dann weißt Du bestimmt auch, dass die erste befestigte Straße Schleswig-Holsteins die Altona-Kieler-Chaussee war. Sie führte von der Ostsee über Neumünster nach Altona, der damals zweitgrößten Stadt in Dänemark.“
Anmerkung des Erzählers: Tjark spricht hier von Dänemark. Das wäre schon beeindruckend genug. Doch was er eigentlich damit meint, ist sogar noch größer: Es handelt sich um den dänischen Gesamtstaat, zu dem nicht nur das Königreich Dänemark, sondern auch die beiden Herzogtümer Schleswig und Holstein und sogar Norwegen und Island gehörten.
Tjark: „Geplant wurde die Chaussee im Auftrag von Frederik VI., dem dänischen König und Herzog von Schleswig und Holstein. Das war damals der erste leistungsfähige Landverkehrsweg in unserem geliebten Schleswig-Holstein. {Tjark lacht stolz} Da hätte ich aber nicht mit dem Rad darauf rumgeschüttelt werden wollen….Heute erinnern nur noch Meilensteine und ein Brückenbogen mit dem Wappen des Königs an der Kieler Brücke an diese revolutionäre Neuerung im Verkehrswesen. Das war damals sehr fortschrittlich.“
Freya: „Stimmt, heute schmunzeln wir darüber.“
Tjark: „Und auch über die Chauseehäuser. 14 solcher Straßenwärterhäuschen gab es entlang der Strecke. Die kassierten das Chauseegeld ein, halfen bei kleineren Reparaturen und sorgten für Ordnung. In der Kieler und in der Altonaer Straße findet man noch solche Zeitzeugen.“
Freya: „Die Chaussee ebnete also der Industrialisierung ihren Weg. Und unsere Familie mittendrin. {Freya beeindruckt} Haben wir deswegen einen Betrieb mit Rindern? Dank Ochsenweg, den Handelsumschlagplätzen für Ochsen, Familienbande mit Dänemark?“ {Freya nachdenklich und interessiert}.
Tjark: „Ja, das hängt alles miteinander zusammen, Lütte.“
Freya: „Unsere Familie ging also mit dem Zeitgeist?“ {Freya fragt eindringlich}
Tjark: „Ja, wieso? Worauf willst Du hinaus?“
Freya: „Und wieso dann heute nicht mehr?“
Tjark: {kurze Denkpause} „Hmmm. Gute Frage, mein Kind, gute Frage…!“
Erzähler: Da hat Freya wohl einen wunden Punkt bei ihrem Vater getroffen...“
Outro: Ihr wollt noch mehr zum Ochsenweg wissen? Unter www.ochsenweg.de findet ihr alles Wissenswerte und Planungstools für eure persönliche Tour entlang des Weges. Es gibt dort Tipps für Unterkünfte, Sehenswertes, Einkehr- und Rastmöglichkeiten und noch sehr viel mehr!